Holtgast hatte sogar mal einen Bahnanschluss, die Gleise der seit 1883 bestehenden Küstenbahn wurden leider 1986 aufgenommen und der Bahnbetrieb eingestellt. Damit gab es keine Bahnverbindung von Esens nach der Stadt Norden mehr. Der Schienenverkehr wird bis heute von Bussen übernommen. Und Holtgast hatte sogar eine Haltestelle, einen kleinen Bahnhof. Das inzwischen völlig renovierte Gebäude steht immer noch an der Norder Landstraße. 1912 wurde an den damaligen Gleisanlagen ein Bahngebäude errichtet, mit einem Warteraum 2. Klasse und einem Warteraum 3. Klasse, die Fahrgäste also fein säuberlich in der „guten alten Zeit“ getrennt. Verbunden war die Einrichtung des kleinen Bahnhofs mit einer Schankerlaubnis. Ein Güterschuppen in Form eines ausrangierten Eisenbahnwaggons kam hinzu. 1918 und 1928 wurde die „Haltestelle“ baulich immer mehr erweitert und erhielt in dieser Zeit auch Wohnräume. Im angebauten Scheunenteil wurde eine Deckstation für Hengste und Bullen eingerichtet.
In den 1950er-Jahren erlebte die „Haltestelle“ ihre Blütezeit. Nun wurden zusätzlich zur gastronomischen Nutzung auch andere Veranstaltungen durchgeführt: Feierlichkeiten, Gemeinderatssitzungen, Röntgenreihenuntersuchungen oder die Installation eines Fernsehapparates zu einer Zeit, als noch nicht jeder Haushalt einen eigenen Fernseher hatte.
In den Sechzigern löste die Bundesbahn den Wartesaal und die Fahrkartenausgabe auf. Von 1981 bis 1985 befand sich in dem Gebäude die Discothek „Charly´s Farm“, die aber wegen der zu kleinen Räumlichkeiten aufgegeben werden musste. 1999 schließlich wurde das Gebäude an die Gemeinde Holtgast verkauft und ab 2002 in viel ehrenamtlicher Eigenarbeit von Dorfbewohnern renoviert. Als „Projektleiter“ des Umbaus fungierte der Schwager und Bruder der vorherigen Eigentümer, Enno Ihnen, Ratsmitglied und heute Bürgermeister der Gemeinde Holtgast. 2006 war die Sanierung beendet und Holtgast hatte nun ein Dorfgemeinschaftshaus, in dem ein Dorfmuseum eingerichtet wurde und auch der Bürgermeister residiert. 2007 wurde in aufwändiger Eigenarbeit eine Feldscheune an die „Haltestelle“ angebaut. Die Arbeiten an der „Haltestä“, wie die Haltestelle auf plattdeutsch heißt, waren nur mit der Aufnahme von Fördermitteln vom damaligen „Amt für Agrarstruktur“ und der EU möglich. Die Projektkosten des Umbaus beliefen sich auf 1.500.000 DM, 500.000 DM mussten von der Gemeinde selbst aufgebracht werden. Dafür wurden die Gemeindesteuern auf den Höchstsatz angehoben. Das sorgte auch für erhebliche Kritik im Gemeinderat.
Die Verkäufer der „Haltestä“, das Ehepaar Annegret und Helmuth Ihnen aus Holtgast, haben 2012 ein kleines Büchlein vorgelegt, in dem die Geschichte der „Haltestä“ wieder lebendig und dokumentiert wird: 100 Jahre „Haltestelle“ Holtgast, Vom Wartesaal zum Gemeindezentrum „Haltestelle“.
Moin, Annegret un Helmut!
Mooi dat ‚t över d‘ Haltestä wat mehr to lesen gifft. Ik wull door geern een Bookje van hebben. Villicht laten Ji even van Jo hören, of stüren mi en Exemplar to. Geld wurd överwesen.
Besten Dank in vörut,
verbunden mit hartrelke Gröten . Wilfriede Aden-Bakker