Ratsherr F. und der wohnungslose Bisam

Kahlschlag und Teilverfüllung: Holtgast, Waldweg, alles wegen eines Bisams?

Wichtiger Nachtrag vom 10. Juli 2017 ganz unten!

In der Gemeinde Holtgast gibt es viele kleine Stillgewässer, landläufig „Biotop“ genannt (obwohl auch ein verlauster Kopf ein Biotop sein kann, für Kopfläuse eben, aber das nur ganz nebenbei).

Diese Teiche entstanden vor vielen Jahrzehnten als Mergelkuhlen, in denen der tonhaltige Boden für die landwirtschaftliche Bodenverbesserung abgebaut wurde. Oder es wurden Feuerlöschteiche angelegt, als es noch keine Hydranten gab. In diesen Wasserstellen entwickelte sich ein reiches Leben, von Wasserpflanzen über Wasserflöhe, Fische oder Amphibien oder als Brutplatz von Enten. Viele dieser Kleingewässer wurden im Landkreis Wittmund in ein Kataster als „besonders geschützte Biotope“ eingetragen, die unterliegen dem Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes. Solch ein Teich von ca. 100 Quadratmeter Fläche befindet sich auch im Waldweg in Holtgast, vor Jahrzehnten als Feuerlöschteich angelegt. Hier wohnten Grasfrösche, Erdkröten, Fische bis zum Hecht und ein Bisam, oft fälschlich Bisamratte genannt. Bisame sind Pflanzenfresser und für den Menschen harmlos, wenn sie nicht gerade in Deichen ihre Wohnungen anlegen; daher wird ihnen auch ständig nachgestellt. Umsäumt war der Teich von Rohrkolben, Weidengebüsch, Erlen und Birken. Davor stand eine Bank zum Ausruhen. Und damit kein Kind hineinfiel, wurde ein Zaun an der Straße gespannt, eine kleine Idylle also.

„Fingerspitzengefühl“, Gasblasen im Teich zeigen an, wie weit der Aushub in den Teich gelangte

Kahlschlag: Ratsherr F. schreitet ein

Das änderte sich abrupt, als Ratsherr F. aus Holtgast das Weideland mit dem Teich vor einiger Zeit von einer Polizistenwitwe kaufte, um, wie Anwohner berichten, dort Ponys für seine Feriengäste weiden zu lassen. Es wird aber von Anliegern gemunkelt, dass dieses Land irgendwann einmal teures Bauland werden soll…(siehe auch der Nachtrag ganz unten vom 10. Juli 2017!)

Kaum hatte der rührige Ratsherr das Land in Besitz genommen, begannen die Motorsägen zu knattern, die Bäume und Büsche fielen und es sah dort aus, als habe ein Biber und kein Bisam in dem Gewässer gelebt. Der lästige Bisam wurde sofort zur unerwünschten Tierart erklärt und als Schädling ausgemacht, der die Stabilität des asphaltierten Waldweges gefährde. In der Tat soll der Waldweg in diesem Jahr saniert werden, der Asphalt reißt an vielen Stellen, auch als Folge der Belastung der überschweren landwirtschaftlichen Fahrzeuge, die mit bis zu 40 t auf einer Straße fahren, die eigentlich für 6 t zulässiges Gesamtgewicht gemacht wurde. So steht es jedenfalls auf dem Schild, das an der Zufahrt zum Brandshoff steht.

Buschwerk im Teich, auch die Wallhecke blieb nicht ungeschoren

Ausnahmeregelung – mit „Fingerspitzengefühl“

Damit alles seinen rechten Weg geht, bestellte Ratsherr F. am 07. Januar „unseren“ Bürgermeister Enno Ihnen und einen Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde des Landkreises, um eine „Ausnahmegenehmigung“ für weitere Arbeiten an der Teichböschung zu erhalten. Es wurde abgesprochen und in einem Vermerk festgehalten, dass ein Bisamfänger dem üblen Nager den Garaus machen sollte, die Böschung an der Straße sollte dann teilweise aufgebaggert und die Höhlen der Bisame verfüllt werden. Wie viele Höhlen sich dort tatsächlich befanden, weiß niemand so genau, weder der Mann von der Wasserbehörde, noch der Bürgermeister und ebensowenig Ratsherr F.. Der Mitarbeiter der Wasserbehörde wies im Gesprächsvermerk ausdrücklich darauf hin, dass die Sanierung der Böschung „mit Fingerspitzengefühl“ zu erfolgen habe und die Teilverfüllung auf ein „absolutes Mindestmaß“ zu beschränken sei. Die eigentlich auch zuständige Untere Naturschutzbehörde des Landkreises wusste bis dahin nichts von dem Vorhaben des Ratsherrn F..
Aus dem „Fingerspitzengefühl“ wurde dann rohes Walten: Am 3. Februar fuhr ein großer Traktor mit einem noch größeren Anhänger mehrfach durch den Brandshoff, wo die erwähnten 6 t Gewichtsbeschränkung gelten. Geladen waren jeweils ca. 8 Kubikmeter tonhaltige Erde, Füllsand und etwas Bauschutt. Die Ladungen wurden in den Teich am Waldweg verklappt, insgesamt mindestens 50 Kubikmeter. Die Fracht wurde in den Teich weit über die eigentliche Böschung geschoben und füllt nun mehr als die Hälfte der Teichfläche aus. Das kann man leicht an den Gasblasen sehen, die nun aus dem Wasser emporsteigen.

Das war der Traktor und nicht der Bisam

Die Behörde schreitet ein

Am selben Tag erschien eine Mitarbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde und notierte sich die Schäden. Am 04. Februar wurde immer noch Erde am Teich abgeladen, dann kam die Polizei und es war Ruhe. Wie es weitergeht, auch für den Verursacher Herrn F., bleibt abzuwarten. Diese Verstöße gegen das Naturschutzgesetz können mit einem Ordnungsgeld geahndet werden, gewerbliche Verstöße sind unter Umständen sogar eine Straftat. Die Untere Naturschutzbehörde musste eingestehen, dass ausgerechnet dieser Teich nicht im Kataster des Landkreise verzeichnet ist. Aber rechtlich ist das egal, das Bundesnaturschutzgesetz verbietet die Vernichtung von Lebensstätten von besonders geschützten Tierarten wie Erdkröte oder Grasfrosch, Kataster hin oder her. Der Bisam gehört nicht dazu, aber der wird sich ohnehin schon längst eine neue Bleibe gesucht haben; wer will schon gerne zwischen knatternden Motorsägen, fallenden Bäumen und tonnenweise Erdaushub, der in seine Wohnung gekippt wurde, leben.

Die neue, unbefestigte Böschung, kein Hindernis für einen neuen Bisam.

Wenn wieder Ruhe am Teich eingekehrt sein wird, kommt vielleicht der Bisam oder einer seiner Nachkommen zurück und wird wieder in der neuen Böschung buddeln. Nur eine solide Spundwand aus Holz, die man in die Böschung einbauen müsste, hielte ihn davon ab. Die hätte man aber zuerst bauen müssen und den Zwischeraum dann mit Aushub verfüllen können. Diese Wand fehlt bisher, und die hätte den Teich und seine Bewohner geschont! Die Straße indes ist nun am Abladeort völlig kaputt, nicht vom Bisam, sondern vom Traktor und dem Anhänger verursacht. Jetzt lohnt sich die Straßensanierung tatsächlich, Ratsherrn F. sei Dank. Aber zwei Frage bleiben: Wer bezahlt die Schäden an der Straße, die durch das Abladen des Aushubs entstanden sind, Herr F. selbst oder die Allgemeinheit? Oder war der Bisam nur der Vorwand, dem Kollegen Ratsherrn die marode Uferböschung zu sanieren?

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Nachtrag am 10. Juli 12017:

Der im September 2016 neu gewählte Holtgaster Rat hat am 06. Juli 2017 in öffentlicher Sitzung den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 13 „Am Waldweg“ wie erwartet beschlossen, mit einer Enthaltung (Thorsten Stielfsen) und keiner Gegenstimme. Es gab keine Diskussion!

In der Einwohnerfragestunde hatte ich als Zuhörer auf die „Selbstbedienungsmentalität“
und das Insiderwissen des ehemaligen Ratsherrn Kurt Fimmen (FWG) hingewiesen, der jetzt vom Aufstellungsbeschluss profitiert. Dieses Grundstück wurde vor ein paar Jahren vom damaligen Ratsherren Kurt Fimmen, der gegenüber des Grundstückes wohnt und Ferienwohnungen anbietet, von einer Holtgaster Polizistenwitwe gekauft, „für´n Appel und ein Ei“, wie Anwohner sagten. Fimmen wollte „Ponys für seine Feriengäste darauf halten“, so Anwohner. Nur lief da nie ein Pony. Tatsächlich begann Herr Fimmen nach dem Kauf des Grundstückes mit dem Verfüllen eines (störenden?) Teiches, im Volksmund „Biotop“ genannt. Das wurde von der Unteren Naturschutzbehörde gestoppt. Der Rest des Teiches sieht desolat aus. Anschließen ließ er das günstig erworbene und tiefliegende Grundstück mit Mutterboden auffüllen.
Das Ehepaar Fimmen, so Bürgermeister Frerichs auf der Ratssitzung am 06.07.2017, will das Baugebiet selber „entwickeln“ und vermarkten, alle notwendigen Kosten dafür müssen sie selber übernehmen. Problematisch wird dort die Anbindung an die Oberflächenentwässerung, weil das Gelände tief liegt. Nun muss der Aufstellungsbeschluss wegen der erforderlichen Änderung des Flächennutzungsplanes noch durch den Samtgemeinderat in Esens. Vorsitzender des Bauausschusses in der Samtgemeinde Esens ist Enno Ihnen, ehemaliger Bürgermeister von Holtgast, in Esens CDU, in Holtgast Freie Wählergemeinschaft (FWG). Passt!
Die Ratssitzung war gut besucht, ca. 30 Zuhörer. Immer wieder kamen auch die Verkehrsprobleme durch die (meistens Zugezogenen) auf den Tisch: zu schnelles und rücksichtsloses Fahren in den 30er-Zonen, häufig gefährliche Situationen am Strengeweg, in der Schulstraße oder im Brandshoff.


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Eine Antwort zu Ratsherr F. und der wohnungslose Bisam

  1. Hannelore Planteur sagt:

    Hallo Manfred,

    wie gesagt, ich bin ganz deiner Meinung. Woher nehmen sich diese Leute eigentlich das Recht, alles zu zerstören? Wollen wir nur hoffen, dass Herrn F. und seinem
    „Dat mok man so – Kumpel“ wenigstens eine satte Geldstrafe drohen. So geht das nicht weiter! Im Baugebiet „Hooge Warf“ wurden ja auch die alten Eichenbäume, die sogar im Bebauungsplan unter Bestandsschutz standen, einfach von den Anwohnern abgeholzt. Keiner macht was dagegen. Wenn jeder hier im Dorf macht, was er will, wo kommen wir denn da hin?– Aber wir haben es ja auch erlebt. Wenn mir Nachbars Bäume nicht gefallen, dann säge ich sie einfach ab.
    Mach weiter so, viele Grüße
    Gerd und Hannelore

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