Am 20. Januar 2015 war wieder einmal Ratssitzung in Holtgast, Büttenwarder light, wie Spötter sagen.
Die öffentliche Einladung dazu fand sich im „Anzeiger für Harlingerland“ am Sonnabend, 17. Januar, also vier (!) Tage vorher auf einer unscheinbaren Zeitungsanzeige, versteckt zwischen anderen Anzeigen. Die Ratsmitglieder werden sieben Tage vorher eingeladen. In der Einwohnerfragestunde kamen u.a. Wortmeldungen zum Windpark Utgast. Meine Anregung, die Einladungen zu Ratssitzung rechtzeitig im Internet zu veröffentlichen, wurde von Bürgermeister Ihnen zurückgewiesen. Ich machte zudem erneut darauf aufmerksam, dass die bereits in Betrieb befindlichen und beantragten Enercon-70-Anlagen viel zu dicht am angrenzenden EU-Vogelschutzgebiet ständen, es keine vorgeschriebenen Verträglichkeitsprüfungen gäbe und ich nun dieserhalb eine Fachaufsichtsbeschwerde beim Land Niedersachsen und der EU-Kommission in Arbeit habe.Von einen Fulkumer Zuhörer kamen Fragen zum geplanten Windpark Hartsgast, wann denn das Projekt vorgestellt werde und wie es um die Dorfentwicklung durch immer mehr Windkraftanlagen stehe. Die Fragen wurde von Bürgermeister Ihnen wieder einmal kurz und nichtssagend „beantwortet“. Den Hinweis auf das Vogelschutzgebiet nahm er zur Kenntnis, zu Fulkum werde es zur gegebenen Zeit eine Information geben und die Dorfentwicklung werde durch die neuen Anlagen nicht beeinträchtigt, die Belange der Fulkumer würden berücksichtigt.
Kurz darauf wurden wieder neue Windkraftanlagen im Windpark Utgast durchgewunken: Antragsteller Betreibergruppe BRS (Braams, Rector, Schlimm, Firmensitz Brandshoff 47a, Geschäftsführer Albert Rector) will eine neue Enercon-70, dafür sollen zwei alte, wesentlich leistungsschwächere Tacke-Anlagen abgebaut werden. Abstimmung: 5 dafür bei 3 Enthaltungen. Das Ratsmitglied Hinrika Braams, Schwägerin von Rector, verließ als Betreiberin während der kurzen Erörterung und Abstimmung den Sitzungsraum und nahm nicht an der Abstimmung teil. Eine weitere Enercon E-70 mit dem Abbau einer Tacke-Altanlage für „Windgesellschaft Mimstede“, Mimsteder Str. 41, Utgast (Kommanditisten u.a. Helmut Eisenhauer und Frau, Thorsten Hein – CDU-Dornum, Bankleiter OLB Esens -, Inka Janssen und Kai Janssen – Landwirt -, Geschäftsführer Kai Janssen und Gustav Claashen -Auktionator- , Lütetsburg ) wurde ebenfalls durchgewunken: 6 dafür, 3 Enthaltungen. Es ist völlig verfehlt, dies als „Repowering“ zu bezeichnen, weil die neuen Enercon-Anlagen mit 2,6 MW die fast vierfache Nennleistung der alten Tacke-Anlagen (600kW) haben, eigentlich müssten also für eine neue Anlage vier alte abgebaut werden. Immerhin, es gab Enthaltung, aber bisher keine deutlichen Gegenstimmen! Enthalten haben sich Renke Westermann, Gerhard Frerichs und Mamme Frerichs.
Ratsherr Renke Westermann (Fulkum) wandte sich an die Zuschauer äußerte seine Besorgnis über die Windkraftentwicklung in der Gemeinde und forderte neue Baugebiete in Fulkum. Bürgermeister Ihnen sprach ihn an und wies ihn darauf hin, er habe ihn als Bürgermeister anzusprechen und nicht die Zuschauer.
Interessant auch der Tagesordnungspunkt „Annahme von Schenkungen“: Für die neue Fußgängerampel an der Landesstraße wurden bereits 22.000 Euro von drei verschiedenen Windkraftgesellschaften gespendet, u.a. 10.000 Euro von der Mimsteder Windgesellschaft und 2.000 Euro von der BRS, als vorauseilender Dank für weitere Genehmigungen? Diese „Spenden“ haben als „Kopplungsgeschäft“ durchaus ein Geschmäckle!
An der Straßenausbaubeitragssatzung, durch die Anlieger zur Grundsanierung kaputter Gemeindestraßen mit nicht unerheblichen Beiträgen herangezogen werden, wird noch gearbeitet. Von der Samtgemeinde Esens werde, so der Bürgermeister, ein Kataster mit den Ampelfarben rot, gelb und grün erstellt: rot für „kaputt“, gelb für „sanierungsbedürftig“ und grün für „in Ordnung“. Über die Prioritäten der Sanierung entscheide aber die Gemeinde Holtgast, so der Bürgermeister.
Bald darauf war die „öffentliche Sitzung“ beendet, alle Zuhörer hatten den Raum zu verlassen. Beim Hinausgehen fielen zwei mittelalte Herren auf, die vor dem Sitzungsraum mit dem Gesicht zur Wand auf eine Karte blickten, ein weiterer kam mit einem Laptop hinzu. Diese ratsfremden Männer nahmen anschließend an der nichtöffentlichen Sitzung teil. „Dem Vernehmen nach“ ging es um den Windpark Hartsgast, die Namen der ratsfremden Mitglieder sind bis auf einen nicht in Erfahrung zu bringen. Es ist schon bemerkenswert, das ggf. betroffene Einwohner kaum etwas von den Planungen wissen, aber ratsfremde Personen vor den gewählten „Volksvertretern“ referieren.
Die „Windpark Hartsgaster Tief Verwaltungs GmbH“ besteht laut Handelsregisterauszug HRA 202586 des Amtsgerichtes Aurich (Stand 28. April 2014) aus folgenden geschäftsführenden Personen: Renke Bernau, Carl-Gert Mohr, Frauke Theiner geb. Creutzenberg, alle Holtgast. Die Gesellschafter sind Arno Poppen, Renke Bernau, Gert-Carl Mohr, Jens Egberts (Protokollführer der Gemeinde Holtgast), Johannes Stolle (Landwirt aus Dötlingen) und die „Windkraft Fulkum GbR“ mit Frauke Theiner und Jens Siebels. Verschiedene Gesellschaften sind miteinander verflochten, so gibt es auch noch „Windpark Hartsgaster Tief GmbH Co. KG (HRA 201680 mit den Kommanditisten der „Grundeigentümer Hartsgaster GmbH Co. KG“, Holtgast, HRA 201596). Grundstücksinhaber und Windkraftgesellschaften sind oft getrennt, das macht die vielfältigen Verflechtungen recht unübersichtlich. Diese Details erfährt man auf keiner Ratssitzung, die muss man sich aufwändig und kostenpflichtig selbst besorgen. Eine Email von mir an Bürgermeister Ihnen und in Kopie an den Landrat Köring wegen der Teilnahme von ratsfremden Personen an der nichtöffentlichen Sitzung blieb unbeantwortet…
Update: Nach Fertigstellung dieses Beitrages wurde ich darauf hingewiesen, dass es laut „Bundesanzeiger“ Veränderungenseit dem 13. Januar 2015 bei der „Windpark Hartsgaster Tief Verwaltungs GmbH, Holtgast“ gegeben hat (Geburtsdaten unkenntlich gemacht […])
HRB 202586:Windpark Hartsgaster Tief Verwaltungs GmbH, Holtgast, Hartsgaster Str. 9, 26427 Holtgast. Die Gesellschafterversammlung vom 03.12.2014 hat eine Änderung des Gesellschaftsvertrages in § 13 (Verfügung über Geschäftsanteile, Teilung von Geschäftsanteilen), § 14 (Einziehung von Geschäftsanteilen) beschlossen. Nicht mehr Geschäftsführer: Bernau, Renke, Holtgast, […]. Nicht mehr Geschäftsführerin: Theiner, Frauke, Holtgast, […]. Bestellt als Geschäftsführer: Sassen-Stolle, Johannes, Dötlingen, […], einzelvertretungsberechtigt; mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. | |
Nachbarschaft färbt ab
Zum Zweiten
Knapp aber deutlich abgeschlagen liegt Holtgast hinter Moorweg im Kampf um die politische und zivilgesellschaftliche Rückständigkeit.
Während Holtgasts Bürgermeister Enno Ihnen seine Gemeinderatsssitzungen mit 4-Tagesfrist noch per Kleinstanzeige und Spar-Thematik im Harlinger ankündigt, verzichtet Moorwegs Bürgermeister Jürgen „Münchhausen“ Schröder komplett auf solche Drohkulisse per Printmedium.Stattdessen dekretiert er nur in seiner rechten Ecke online:
Nächste Ratssitzung, Montag, 19. Januar 2015, 20:00 Uhr, im Sitzungsraum, Schulweg 2
Sitzung beginnt mit nichtöffentlichem Teil (www.moorweg.de: Schröder mit Erlaß, v.l.n.r.) und bescheidet Einwohner, die sich für den Rest interessieren und deren Selbstachtung es zuläßt, sie mögen vor der Tür warten – Regenschirm und Laterne mitbringen! – bis er ihnen Einlaß gewährt. Der Außenbereich vor diesem „Schulungsraum“ nämlich bietet weder Beleuchtung noch Wetterschutz, so daß des Meisters Bürgern nicht nur intellektuell Abhärtung angesagt ist. Wer gar die jeweilige Tagesordnung kennenlernen möchte, mag sich diese durch die versiffte Glasscheibe des Schaukastens am Gemeinde“büro“ dechiffrieren.
Die Themen selbst jedoch sind ebenso wurscht wie die Vorgaben des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes, denn was letztlich an sogenannten Beschlüssen zustandekommt, ist gesichert nicht zu erfahren, weil die Niederschrift dazu von Bm Schröder selbst verfaßt wird, der auch darüber befindet, ob bzw. wo diese gar öffentlich einzusehen wäre – in der Regel gar nicht, so wie auch etwaige Beschlußvorlagen – ein Schreckenswort, das niemand wirklich will, weil es nach Verstand und Vorbereitung riecht.
Die Amtssprache ist Tuschelplatt (öffentliche Sitzung) und Herrengedeck (nichtöffentliche Sitzung). Die Nichtöffentliche Sitzung ist beliebt, da sie keine öffentliche Einladung, keine Fristeinhaltung, keine Tagesordnung, keine Protokollabfassung und -veröffentlichung benötigt; gelegentlich blitzt durch, daß so ein Treffen stattgefunden haben könnte, wenn versehentlich in einer Folgesitzung darauf Bezug genommen wurde.
Ob Beschlüsse rechtmäßig sind oder gar Voraussetzungen für einen Ausschluß der Öffentlichkeit vorgelegen haben, befindet später die Kommunalaufsicht, ein scheues und fußkrankes Reh, sofern man dort zu einem unbekannten Beschluß oder einer unveröffentlichten Tagesordnung nachzufragen vermag, was naturgemäß selten gelingt.
Ob und wessen Einwohnerfragen beantwortet werden, entscheidet und erklärt der Moorweger Bürgermeister vor Ort und nach Tagesform, Rechtsgrundlagen gibt es dazu keine. Für Dienstaufsichtsbeschwerden gegen den Bürgermeister ist gem. NKVerfG. der Gemeinderat zuständig und behandelt diese in nichtöffentlicher Sitzung; Zeit, Ort und Ergebnis bleiben geheim.
„Wer stolz ist, in Moorweg zu wohnen“ (Schröder), kann bei ihm eine Fahne für 15 € erwerben, damit sein Gemeinschaftsgefühl gestärkt wird
(http://harlinger.de/nachrichten.aspx?ArtikelNr=6465); wer in einer Nachbargemeinde wohnt, sollte sich schämen.
Die Fahne zeigt das Wappen von Moorweg mit den Symbolen Torf und Faustkeil, politisch für Kopf und Hand, und ergänzt sich historisch mit den Holtgaster Symbolen Knüppel, Klatsche und Stein um den Hals.
Jürgen Lohs