Es stinkt schon wieder im südlichen Ortsbereich von Holtgast, es stinkt nicht nur, es ätzt in den Atemwegen. In den letzten Tagen wurde von verschiedenen Landwirten wieder einmal so viel Gülle ausgebracht, dass es einem im wahrsten Sinne des Wortes durch den stechenden Geruch den Atem verschlug. Das ist eigentlich schon Körperverletzung.
Durch immer mehr Tiere im Stall steigen auch die Güllemengen, die noch schnell vor dem Ausbringungsverbot auf Grünland vom 15. November bis 31. Januar auf den Boden aufgebracht werden müssen, nicht in den Boden, was mit moderner Ausbringungstechnik, sog. „Exaktverteiler“, wie Schleppschläuchen, gezogener Kufe oder Scheibe bereits möglich wäre. Und für die schonendere Ausbringung bekommen die Bauern sogar schon wieder Geld vom Steuerzahler. Der Fördersatz bei schonender Ausbringung – die eigentlich selbstverständlich wäre – beträgt 25 €/Kubikmeter nachweislich ausgebrachter Wirtschaftsdüngermenge, die dem Standard-Wirtschaftsdüngeranfall einer sog. „Großvieheinheit“ entspricht.
Nur: In Holtgast wird die Gülle überwiegend aus Gülleanhängern (Güllefässern) mit einem Fassungsvermögen von ca. 10.000 Litern über einen Prallteller versprüht, das stinkt nicht nur den betroffenen Einwohnern, sondern auch in der zum Trocknen aufgehängten Wäsche und beim Lüften bis in die Wohnungen hinein. Die Gespanne übertreffen das zulässige Gesamtgewicht auf der Zufahrtsstraße von 6 t um das Mehrfache, entsprechend sehen einige Straßen auch schon aus.
Die ausgebrachten Mengen auf bestimmten Fläche waren in diesem Jahr so groß, dass die Gülle sichtbar auf dem Grünland schwamm und aus den Drainagerohren in die Gräben gedrückt wurde. Auf einer ca. 2 Hektar Fläche wurde im März bei Temperaturen, als die Pflanzen die Gülle noch gar nicht aufnehmen konnten, gegüllt, dann wieder bei sengender Hitze im Sommer und nun noch einmal vor dem Ausbringungsverbot. Auf anderen Flächen wurde bis in die Dunkelheit hinein unter Scheinwerferlicht versprüht was die vielen Güllefassinhalte hergaben. Sogar bei starkem Frost wurde schon in Holtgast – und nicht nur hier- verbotenerweise Gülle auf den hartgefrorenen Boden ausgebracht. Der Polizei in Wittmund und dem Holtgaster Rat sind diese Zustände bekannt, nur ändert sich nichts.
Gülletourismus
Und auch der Gülletourismus („Güllelogistik“) hat die Umgebung von Holtgast erreicht: Im März 2014 stand in der Gemeinde Moorweg am Königsweg 14 / Ecke Herrenweg ein Gülletank („Feldrandcontainer„) mit ca. 100 cbm Inhalt am Wegesrand. Der Container gehört der Firma Leewes & Ludmann aus Westerwalsede im Landkreis Rotenburg/Wümme und stand später an der L6 Barkholter Straße und in Utarp. Der Tank im Moorweg wurde als Depot mehrmals täglich – bis zu 12 mal – nach Anwohnerangaben von entsprechend großen Tanklastwagen zentral zur Befüllung angefahren; von dort versorgten sich dann alle weiteren kleineren landwirtschaftlichen Güllegespanne, die die Gülle im Umland aufbrachten. Aus welchen entfernten Gegenden diese Sattelzüge ihre Güllefracht ankarrten ist nicht bekannt.
Erst seitdem hat der Königsweg nach Angaben von Anliegern in diesem unmittelbaren Anfahrtbereich ein ausgefahrenes Wellenprofil und erst seitdem sind die jetzigen Bruchkanten auf dem Straßenpflaster des Bargenweg vorhanden. Es ist davon auszugehen, dass diese Schäden durch den intensiven Gülle-Verteilerverkehr entstanden sind, der die Belastungsgrenzen der Gemeindestraße überfordert. Auch durch die Wohnsiedllung Brandshoff (zulässiges Gesamtgewicht 6t) in Holtgast fuhren im Frühjahr 2014 mehrmals schwere auswärtigeSattelschlepper mit Gülleaufliegern auf eine Fläche am Birkenweg. Fazit: Nicht nur die heimischen Bauern verstinken das Land, sondern auch aus dem weiteren Umland wird inzwischen Gülle gegen Geld in großen Mengen zusätzlich nach Ostfriesland „exportiert“. Da bekommt der bekannte Spruch „aus Scheiße Bonbon machen“ eine ganz praktische Bedeutung!
Von der vielzitierten „guten landwirtschaftlichen Praxis“ bei der Gülleausbringung und dem gebotenen Schutz des Grünlandes ist jedenfalls in Holtgast und Umgebung wenig zu spüren. Ganz nebenbei gelangen diese Güllemengen auch irgendwann in das Grundwasser, und dann fangen die Probleme richtig an. Die Verursacher aber werden nicht zur Verantwortung gezogen.