Neuauflage des Windparks Dunum im Samtgemeindrat Esens – Bürgerbefragung Schnee von gestern?

Anzeige im „Anzeiger für Harlingerland“ (Wittmund) am 25. Aug. 2023

Bearbeitet und ergänzt am 28. Aug. 2023

Statt eines Vorworts: Interessant zu erfahren wäre, welche Ratsmitglieder in Dunum direkt oder über Familienangehörige einen finanziellen Vorteil durch die Verpachtungen von Grundstücken für die Windkraftanlagen hätten. Dafür werden schon sechsstellige Beträge pro Jahr und Einzelanlage gezahlt. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Abstimmungen über Windparkflächen auch Vorteile für das eigene Konto hätten.

„Was schert uns unser Geschwätz von gestern?“ fragt man sich vermutlich in der Verwaltung und im Rat der Samtgemeinde Esens/LK Wittmund: Am 30. August 2023 wird der „Ausschuss für Bau, Landwirtschafts- Umwelt- und Naturschutzangelegenheiten“ der Samtgemeinde tagen. Die Sitzungsvorlage: Wind_Dunum

Hier soll über den „Antrag „auf Änderung des Flächennutzungplanes der SG Esens zur Darstellung eines Sondergebietes mit der Zweckbestimmung ´Windenergiepark` (Gemeinde Dunum)“ abgestimmt werden. Treibende Kraft ist u.a. der Dunumer Bürgermeister Erwin Freimuth (SPD).

Zur Erinnerung: Bereits 2014 hatte Freimuth mit Investoren versucht, in dem Dunumer Landschaftsschutzgebiet einen Windpark errichten zu lassen. https://www.northdata.de/Windpark+Dunum+Projektentwicklungs+UG+%26+Co.+KG,+Nordorf/Amtsgericht+Aurich+HRA+201545

Da ist er wieder: Wilhelm Wilberts

Jetzt ist die Firma Agrowea GmbH & Co. KG aus Twist (LK Emsland) am Zuge, mit den gleichen Akteuren unter anderem Firmenamen: https://www.northdata.de/Agrowea+GmbH+%26+Co.+KG,+Twist/Amtsgericht+Osnabr%C3%BCck+HRA+121299

Gesellschafter ist Wilhelm Wilberts, Vorsitzender des Bundesverbandes Windenergie Niedersachsen/Bremen und im Vorstand des Landesverbandes Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen. Vorher war er viele Jahre im Bauamt der Stadt Norden in Ostfriesland tätig.

Windpark in Dunum: „nicht genehmigungsfähig“

Die Planungen scheiterten damals am Landkreis Wittmund mit seinem damaligen Landrat Matthias Köring (parteilos), der die Planung als „nicht genehmigungsfähig“ verwarf (Bericht im Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 01, 19. April 2014 unter diesem Link: https://www.wattenrat.de/2014/04/21/wer-verdient-wirklich-mit-windkraft-kritik-an-politischem-klungel/ und hier: https://www.wattenrat.de/2023/06/01/22623/

Nun wittern die Dunumer Investoren nach dem „Wind-an-Land-Gesetz“ der Berliner Ampel-Regierung Morgenluft: Nach dem von Wirtschaftsminister Habeck (B90/Die Grünen) und Umweltministerin Steffi Lemke (B90/Die Grünen) initiierten Gesetz fallen viele vorher geltende Genehmigungshemmnisse für den Windkraftausbau weg, nun dürfen die Anlagen auch in Landschaftsschutzgebieten stehen. Natur- und Landschaftsschutz kamen so „nachhaltig“ unter die (Wind)-Räder der grünen sog. „Energiepolitik“.

rgerbefragung in Esens 2016

2016 gab es eine von Samtgemeindedirektor Harald Hinrichs initiierte Bürgerbefragung in der Samtgemeinde Esens mit der einfachen Frage „Sind Sie für die Errichtung neuer beziehungsweise Verdichtung bestehender Windparks im Gebiet der Samtgemeinde Esens?“ Ankreuzen konnte man entweder mit „Ja“ oder „Nein“. Das Ergebnis war deutlich: Von 11.938 Stimmberechtigten gaben 7015 ihre Stimme ab; 6986 Stimmen waren gültig. Von diesen Stimmen haben 1415 Bürgerinnen und Bürger der Samtgemeinde Esens (20,25 Prozent) mit ,Ja‘ und 5571 (79,75 Prozent) mit ,Nein‘ gestimmt“. Das war ein deutliches, wenn auch nicht rechtsverbindliches Stimmungsbild. Link: https://www.wattenrat.de/2016/02/04/buergerbefragung-windenergie-samtgemeinde-esens-waterloo-fuer-die-befuerworter/

Ratsmitglieder der Mitgliedsgemeinde Stedesdorf hatten die Abstimmung über diese Bürgerbefragung vorher torpediert, bis zum Verwaltungsgericht in Oldenburg, das den geforderten vorläufigen Rechtsschutz gegen die Befragung zurückwies. Diese Ratsmitglieder waren am Stedesdorfer Windpark finanziell beteiligt und wollten den Windpark mit zusätzlichen Anlagen  „verdichten“, zu Lasten der ohnehin lärmgeschädigten Anwohner.

Klimaschutz“?

Als Begründung für die neuen Planungsanlauf in der Mitgliedsgemeinde Dunum werden vermutlich wieder der wohlfeile „Klimaschutz“ (der vorgebliche „Schutz“ des statistischen Werts von 30 Jahren Wetteraufzeichnung), die „Energiewende“ (die längst wegen fehlender Speicher, fehlender Regelkraftwerke und horrender Kosten mit den höchsten Strompreisen der Welt gescheitert ist) oder die CO2-Einsparungen herangezogen werden, nur wird der Windpark Dunum nichts am Wetter oder in der Folge am Klima ändern. Es geht vielmehr um das angenehme Klima auf den Betreiberkonten, um den Profit. Esens Bürgermeisterin Karin Emken (SPD) verplapperte sich in der Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland“ am 13. Januar 2023 zu weiteren Windkraftanlagen im Samtgemeindegebiet so: „Es geht um richtig, richtig viel Geld“.

 Die Samtgemeinde Esens hat die Vorgabe für die Flächenbereitstellung für Windkraft mit 4,8 Prozent bereits übererfüllt. Warum also noch mehr?

Noch einmal eine Bürgerbefragung, bis es passt?

Die Sitzungvorlage enthält diesen bemerkenswerten Passus: “Die Samtgemeinde Esens hat im Jahr 2016 eine Bürgerbefragung zum Thema Windenergie durchgeführt. Die Bevölkerung hat sich in hohem Maße an dieser Befragung beteiligt. Ca. 80% der abgegebenen Stimmen sprachen sich letztlich gegen einen weiteren Ausbau der Windenergie aus. Dieses Ergebnis war bisher Leitlinie für alle weiteren Planungen und Bestrebungen, so dass es beim Status quo 2016 geblieben ist. In den letzten sieben Jahren haben sich jedoch die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen teils grundsätzlich geändert. Insofern spricht vieles dafür, einen etwaigen weiteren Ausbau der Windenergie mit einer erneuten Bürgerbefragung zu flankieren [sic!]. Diese Befragung könnte auch genutzt werden, um ein differenzierteres Meinungsbild der Bevölkerung zu erhalten (in 2016 wurde lediglich eine Frage gestellt).“

Nur: In den letzten Jahren wurden in den Medien ständig und undifferenziert die „Erneuerbaren“ beworben und ein angstbasierter Zusammenhang von „Klimaschutz“ und dem Ausbau der Wind- und Solarenergie hergestellt. Seit der letzten Bundestagswahl dominiert die Partei B90/Die Grünen mit einem Stimmenanteil von 14,8 Prozent in der Ampel-Regierung die Gesetzgebung zum beschleunigten Ausbau der Windenergie mit dem gleichzeitigen Abbau von Naturschutz- und Planungsrecht. Diese einseitige Medien-Indoktrination hat sicherlich verfangen; weite Teile der Bevölkerung wissen auch kaum etwas von der unregelmäßigen Einspeisung durch Wind- und Solarstrom („Flatterstrom“), der fehlenden Grundlastfähigkeit, der dadurch instabilen Stromnetze und den fehlenden Regelkraftwerken. Grafische „Ganglinien„, die schlagend diesen „Flatterstrom“ der unsteten Windstromeinspeisung dokumentieren, sind kaum bekannt.

Dann käme es auch noch auf die Inhalte der Fragestellung einer neuen Bürgerbefragung an. Die Frage ist, warum eigentlich eine neue Bürgerbefragung stattfinden muss. Die Lärmbelastung für die Anwohner und die Landschaftszerstörung mit dem enormen negativen Einfluss auf die Artenvielfalt sind geblieben, nur ignoriert die Politik das bis heute weitgehend. Stattdessen wird der Zubau der Landschaft vehement forciert, der die Probleme noch verschärfen wird, aber nicht zur verlässlichen Stromversorgung beitragen kann.

Der Krieg und das Gas

Vorgeschoben wird auch der Ukraine-Krieg mit dem Boykott des Erdgases aus Russland, in der irrigen  (aber politisch gepflegten) Annahme, dass die unstete Windenergie den Energieträger Gas ersetzen und so die Stromversorgung sichern könne. Kein Argument ist zu dämlich, um von den enormen Profiten durch den Windkraftbau abzulenken. Je mehr Windkraftanlagen installiert werden, umso mehr müssen  Gaskraftwerke die notwendige Regelenergie bei schwankender Windstrom-Einspeisung bereitstellen. Diese Gaskraftwerke fehlen aber. Das hat sich bis heute nicht vollständig bis in die Niederungen der Politik herumgesprochen.

Der nicht beantwortete „Offene Brief“

Meinen „Offenen Brief“ an Samtgemeindedirektor Harald Hinrichs vom 15. Januar 2023 zum Thema finden Sie hier: https://www.wattenrat.de/2023/01/15/noch-mehr-windenergie-in-der-samtgemeinde-esens-durch-das-wind-an-land-gesetz-welche-bedeutung-hat-die-buergerbefragung-von-2016/

Eine Antwort gab es nicht, der „Anzeiger für Harlingerland“ ignorierte ihn. Geht so bürgernahe Politik? Warten wir also ab, wie die Ratsmehrheit schließlich entscheiden wird.

Windflächenpotenzialanalyse, Planungsgruppe grün, im Auftrag von Agrowea GmbH & Co. KG: Planungsgruppe_Gruen_Windflaechenpotenzialanalyse_20230725

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